Reisebericht vom Servas Israel International Meeting 2016

Seit vielen Jahren stand das Land Israel auf unserer Wunschreiseliste. Vor drei Jahren musste Annika wegen eines Kläranlagenprojektes beruflich nach Ramallah in Palästina reisen. Nach ihrer dreitägigen Reise mit Anreise über Israel (Tel Aviv) und einem nachmittäglichen Besuch in Jerusalem, wollte sie sich das Land unbedingt intensiver anschauen. Doch dann verschärfte sich der Bürgerkrieg in Syrien, dem Nachbarland Israels, und wir hielten eine Reise dorthin nicht für sicher genug. Aber was ist schon wirklich sicher?

Die Einladung unserer israelischen Freunde zum Servas Israel International Meeting 2016 mit dem Thema „Wasser, Landwirtschaft und Tourismus“ vom 15. bis zum 22. Mai 2016 kam uns daher sehr gelegen und machte uns Mut. Somit entschieden wir uns vom 13. bis zum 27. Mai 2016 nach Israel zu reisen.

Um es vorwegzunehmen: Es war eine fantastische Reise mit vielen tollen Begegnungen, die viele unserer Fragen nach der besonderen Situation des Landes Israel beantworten konnte.

Aufgrund der politischen Situation in der Israel sich befindet, muss mit sehr wenigen Ausnahmen jeder den Militärdienst leisten und im ganzen Land wird viel Aufwand für Sicherheit betrieben. Dies betrifft schon die Anreise nach Israel, insbesondere jedoch die Abreise. Dabei kommt es am Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv zu individuell unterschiedlichen, jedoch teilweise extrem aufwändigen Befragungen und Leibesuntersuchungen. Auch beim Eintritt in Shopping Malls oder Supermärkten gibt es bewaffnete Sicherheitskräfte. Dabei wird einem auch schon mal die Frage
gestellt „You have a gun?“, „nö“ … „okay, wenn nicht, dann kann’ste rein gehen“. Überall im Land, auch bei den touristischen Sehenswürdigkeiten, sieht man junge Soldaten und Soldatinnen auf Bildungsreise durch ihr eigenes Land. Man sollte ja kennen und schätzen was man verteidigt. An den Busbahnhöfen sieht man nach Dienstschluss die uniformierten Soldaten mit ihrem Gewehr über der Schulter. Manche verschwinden kurz auf den Toiletten und kommen kurze Zeit später in Sneakers, Shorts und T-Shirt wieder hervor und lachen uns voller Vorfreude auf ihre Freizeit an. Das Gewehr hängt dann immer noch über der Schulter. Daheim in den Häusern muss gesetzlich angeordnet jeder seinen kleinen Minibunker haben, der zumeist jedoch als Abstellkammer umfunktioniert ist. Und
auch in dem einen unserer Hotels war unser Bad als Bunkerraum gebaut. Von innen mit einer dicken Panzertür und von außen war das Fenster mit einer Stahlluke verschließbar.

Als Reisende hatten wir in keinem Moment der Reise das Gefühl gehabt einer höheren Gefahr ausgesetzt gewesen zu sein, als bei einer Reise durch Europa. Und dazu haben nicht nur unsere Servasfreunde beigetragen, dank derer wir tagsüber ein volles Sightseeing Programm hatten. Die
ersten beiden Nächte haben wir bei unserer Gastfamilie in Raanana in der Nähe von Tel Aviv verbracht. Sie haben uns mehr als herzlich aufgenommen und wir haben anregende Gespräche über uns, unsere Länder und Kulturen geführt. Danach hatten wir zwei Übernachtungen in Jerusalem und anschließend drei weitere Nächte in den Golanhöhen. Gestartet hat am ersten Abend alles mit einer lustigen Opening und Welcome Party. Wie immer ist es aufregend so viele neue Menschen zu treffen und eine ganze Woche mit ihnen zu verbringen. Wir kamen aus 12 Ländern der Welt zusammen, darunter waren neben Israel und Deutschland u.a. Venezuela, Südkorea, Kolumbien, Indien, Polen,
Ukraine, USA, Kroatien, Italien und Australien.

Zu einigen der Highlights, von denen wir manche als normale Touristen nie gesehen hätten, gehörte folgendes: Die größte Gurkenplantage des Landes; die weltweit größte Meerwasser Entsalzungsanlage in Ashkelon, die zur Produktion von Trinkwasser genutzt wird, damit weniger Trinkwasser dem See Genezareth entnommen werden muss, dessen Wasserspiegel seit dem wieder ansteigt; ein Bereich des Jordans wo Renaturierungsmaßnahmen durchgeführt werden und die Stelle wo sich gläubige Christen Taufen lassen; Dschisr al-Zarqa, das ärmste arabische Dorf Israels, wo ein junger Mann den Vorstoß gewagt hat das erste Hostel zu eröffnen und damit den Vorstoß in den Tourismus wagt; ein historischer Kibbutz und der dazugehörigen Milchkuh-Farm; historische und heilige Orte rund um den See Genezareth; das Eshkol Trinkwasserreservoir, welches so wichtig ist, dass der Inlandsgeheimdienst dieses mit überwacht.

Wir besuchten auch eine Drusenfamilie in Mejdal al-Shams, an der Grenze zu Syrien, wo die vermutlich besten Kirschen der Welt wachsen. Noch nie zuvor habe ich Bäume so voll mit saftig leckeren Kirschen gesehen.

Der Blick über den Grenzstreifen hinüber nach Syrien hat uns alle sehr berührt, nachdenklich gemacht und wir haben gemeinsam Friedenslieder (https://youtu.be/PnW24bj7jNs , https://youtu.be/Ruyg5sYNxo0) gesungen und still gebetet.

Natürlich stand auch ein Tag in der faszinierenden Stadt Jerusalem mit dem Besuch der historischen Altstadt auf dem Programm, wo unser exzellenter Reiseführer der Sohn eines langjährigen israelischen Servasmitglieds war.

Fast die Hälfte der Zeit haben wir in den Golanhöhen verbracht, wo wir tolle Abende auf Adams Farm mit gemeinsamen Jogging, Schwimmen im Pool, gemeinsamen Singen, Tanzen, Lachen und Geschichten erzählen und Diskussionen erleben durften. Besonders herausragend fand ich unsere gemeinsam kreierten Abendessen, bei denen indische, australische, südamerikanische, spanische, deutsche, israelische und weitere Speisen zubereitet wurden (https://youtu.be/8xgivjXuELM , https://youtu.be /bJcYLYOCXFo). Das waren Geschmacksexplosionen. Zumal das Gemüse und Obst, welches in Israel wächst wirklich hervorragend ist. An den Abenden durfte jeder sich, sein Land und seine Region auf beliebige Art präsentieren. Diese Präsentationen waren von sachlich, über lustig bis hin zu skurril. Ebenso unterschiedlich wie die Präsentationen waren auch die Menschen, die in dieser Woche zusammengekommen waren.Israel ist landschaftlich gesehen ein sehr trockenes Land. Die Wüste Negev nimmt etwa 60 % des gesamten Landes ein. Daher kommt dem Wasser eine besondere Bedeutung zu. Ob es, wie in einigen kritischen Berichten im Internet erwähnt, nicht zu einer gerechten Verteilung von Wasser zwischen israelischem, palästinensischen und syrischen Gebieten kommt, können wir nicht beurteilen. Die Fach-Experten für Wasser und Landwirtschaft, die in unserer Reisegruppe dabei waren, konnten sich jedenfalls davon überzeugen, dass das Land Israel auf höchstem technischen Niveau relativ effizient mit dem Wasser für Landwirtschaft und Haushalte umgeht und dabei auch berücksichtigt, dass die natürlichen Gewässer wie der Jordan und der See Genezareth geschont werden. Von den Israelis, die uns auf der Reise mit der Gruppe und auch davor und danach begegnet sind, haben wir uns stets willkommen geheißen gefühlt. Mehr als Menschen anderer Länder wünschen sie sich ihr eigenes und ein sicheres Zuhause. Sie drängeln gern ein wenig an der Ampel und Hupen bei
Grün, wenn nicht sofort angefahren wird. Sie sind stolz auf ihr Land und wollen zeigen, dass es fortschrittlich, kultiviert und schön ist. So haben wir es auch wahrgenommen. Am Ende der gemeinsamen Woche war wie immer das Abschiednehmen sehr schwer gewesen und bei einigen von uns flossen reichlich die Tränen. … that’s life! Vielleicht treffen einige von uns sich ja wieder. Gegenseitige Einladungen gab es jedenfalls genug. Servas Israel hat mit diesem Event gezeigt, was Tolles auf die Beine gestellt werden kann. Es war einfach fantastisch. Nach dieser Reise zum Thema „Wasser, Landwirtschaft und Tourismus“ und angesichts der aktuellen Situation der anhaltenden Flüchtlingsströme aus Syrien und anderen Ländern nach Europa sind es Frieden und für alle Menschen ein sicheres Zuhause mit genügend Wasser und Nahrung was wir allen Menschen der Welt wünschen. Danke an Servas Israel für dieses tolle Reiseerlebnis. Wir kommen wieder. SEE YOU AGAIN SOON.