Tag 1-3 Reise nach Budapest
Was machste im Urlaub? „Mit der Bahn nach Rumänien“ Ähhh… Warum??? „Warum nicht?“. Der Schlafwagen, (https://www.nightjet.com/de/reiseziele/ungarn) der mich ab Stuttgart bequem zur ersten Etappe Budapest bringen sollte, wurde wegen Unwetter gecancelt, also ging es nach viel Aufregung und mit anderen gestrandeten Reisenden mit Regionalbahn und dreimal umsteigen durch die Nacht über München mit Halten in Salzburg und Wien nach Budapest. Budapest ist eine sehr schöne Stadt, irgendwie zwischen Wien, Madrid und Berlin, gefiel mir super. Gewohnt habe ich bei lieben SERVAS Menschen, die zwar nicht wahnsinnig viel Zeit hatten, aber es gab das, was so wichtig für SERVAS Reisen ist – Gespräche, Einsichten und Austausch, Dinner, ein Bett. Und den wertvollen Tipp, dass man in Budapest umsonst mit dem ÖPNV fährt, wenn man über 65 Jahre alt ist wie ich. Sehr gut. Dann habe ich erledigt: Im Jugendstilthermalbad planschen (Badeanzug und Schlappen spontan vor Ort kaufen) Auf mieses Touristenlokal reinfallen? Scharfen Paprika in der Markthalle kaufen? Älteste Metro hier fahren Budapest Castle by Night angucken Museen besuchen.
Nacht 3 und Tage 4-5 Weiterfahrt nach Rumänien
Hinein nach Rumänien mit einem uralten Schlafwagen („Deluxe“ Abteil mit eigenem Klo), der auf uralten Gleisen rumpelte, dass es einem im Takt ins Kreuz haute, und um 3:00 nachts kamen die Grenzer (Rumänien ist EU, aber nicht im Schengenraum), und bis man den Pass zurückbekam, dauerte es eine Dreiviertelstunde. Ankunft Cluj Napoca (Klausenburg) um 10:00 und mich dann zu meinen Gastgebern durchschlagen. Das waren SEHR nette Menschen, die zur ungarischen Minderheit im früheren (und auch heutigen) Vielvölkerstaat Rumänien gehören, und ich erfahre viel über ungarische/rumänische Geschichte, die Zeit des Kommunismus, aber auch das miese Verhalten von manchen Deutschen gegenüber Rumänen in Deutschland. Und über das Elend der Straßenhunde. Meine Gastgeberin Reka hat immer Hundefutter im Auto, denn das Elend der Tiere ist groß. Sie hat mich zu einem Ausflug auf´s Land mitgenommen, wo ich das typische Gericht Maisbrei mit Sauerrahm probieren konnte.
Tag 6-7 auf den Spuren der Siebenbürger Sachsen
Weiter mit dem Bus, schon leicht zerzaust, nach Sibiu (Hermannstadt). Die Bahn hätte viel länger gedauert und mir wurde geraten, mal den Bus zu nehmen. Guter Rat. Bevor es los ging, betete noch jemand lang und ausführlich für uns, das war dann zwar „kostenpflichtig“, aber ich war nicht die Einzige, die einen kleinen Bakschisch gab. Sibiu war Kulturhauptstadt Europas von 2007 und früher wichtiger Ort der Siebenbürger Sachsen. Die haben nach dem Krieg zu etwa 90% das Land verlassen und sind nach Deutschland zurück. Die Altstadt wirkt wie ein deutsches mittelalterliches, barockes Städtchen. Man spürt den früheren Reichtum. Keramikmarkt am Hauptplatz vor der protestantischen Kirche bis ein fetter Sturm kam, der sogar als Warnapp auf meinem Handy landete, und alle rein mussten. Mit dem Bus bin ich
dann noch zum Freilichtmuseum etwas außerhalb, das die Vielfalt rumänischer/sonstiger Traditionen zeigt. Tag 8-9 Nach einer Nacht im Hotel ging es mit der Bahn weiter. 4 Stunden für die 150 km nach Brasov (Kronstadt). Eine echte Bimmelbahn, ausrangierte Regionalbahn aus Deutschland schien mir. An jedem Halt ein Bahnwärter mit Uniform, Kelle und Pfeife. Zu Beginn der Reise bekreuzigte sich jemand dreimal mit orthodoxem Kreuzzeichen. Aber man kam an und lernte, dass die Bahn ein wichtiges Verkehrsmittel für die Landbevölkerung ist. Brasov hat auf dem Hausberg seinen Namen a la Hollywood verewigt. Das passt dazu, dass ich heute bei Bogdan, einem Movie Art director und seiner Familie SERVAS Gast war . Die wohnten in einer Kleinstadt nur zwei Bahnstationen von Brasov entfernt, In Rasnov (Rosenau) Sie leben ökologisch und nachhaltig und haben sich im Wald ein zweiters Haus aus Stroh und Lehm gebaut. Nicoleta ist Schneiderin und näht, auch unter Verwendung von Stoffresten, Kinderklamöttchen (lilutesa.ro), er arbeitete gerade bei einem Film im Donaudelta mit. Bei einem adhoc Frühstück unterhalten wir uns über die rumänische Filmindustrie, dann gehe ich ernsthaft an die Erfüllung meiner touristischen Pflichten: Besuch der lokalen Burg und dann Besuch von Burg Bran, der Draculaburg. Während erstere geschlossen war und demnächst Schauplatz eines Mittelalterspektakels wird, ist letztere ein wahrer Touriort. Souvenirbuden, Schlangen am Eingang, Gedränge innen. Die Schreckensillusion hat es schwer. Außerdem gehört die Burg Habsburgern, den Erben König Ferdinands, eines Hohenzollern aus Sigmaringen, der Ende des ersten Weltkriegs sich auf die Seite der Entente geschlagen hat. Als Lohn winkte eine Vereinigung von Transsylvanien, Bessarabien und noch was unter seiner Krone. Kaiser Wilhelm war höchst angefressen und hat Ferdinand aus dem Haus Hohenzollern geschmissen und enterbt. Dann kamen die Kommunisten und ihr Terror und es war Schluss mit rumänischen Royals. Und auch die Kommunisten sind wieder Geschichte seit der Revolution von 1989. In Brasov zeugt noch ein Einschussloch in der Kirche von den Kämpfen. Am Nachmittag sehe ich dann das selbstgebaute Haus, und es gibt ein fröhliches Dinner mit frisch gefangenen Forellen und weiteren Freunden der warmherzigen Familie.
Tag 9-10
Wieder mal Zug, Ticket online mit App von https://www.cfrcalatori.ro/en/ auf dem Handy gebucht, das funktioniert super. Zunächst durch die Karpaten, eine schöne Gebirgslandschaft, dann in die Ebene nach Bukarest. Bukarest ist eine große Stadt, und mal
ehrlich, wer hat gesagt, dass Architektur billig, aus Beton und schnell kaputt sein muss? Aber der Altstadt sieht man den früheren Glanz an, es gibt viele Lokale, einen absurden Präsidentenpalast (Ceaucescus Wahnsinn), Parks und so. Wäre die Philharmonie in Saison gewesen, hätte ich auf jeden Fall versucht, noch ein Ticket zu ergattern. Überall in der Stadt – wie übrigens überall in Rumänien wo ich war – stehen Denkmäler. Immer von Männern, oft von Kriegern oder grimmig guckend. Das Denkmal der Revolution von 1989 hingegen ist abstrakt, finde aber nicht nur ich wenig gelungen. Im Volksmund heißt es wohl Kartoffel am Stock. Dass der Kommunismus nicht zu Wohlstand für alle geführt hat, sieht man in Bukarest überall. Es gibt viel zu tun, aber auch eine rumänische Jugend läuft hier rum, die gut drauf zu sein scheint. Im Museum für Geschichte Rumäniens hatte ich dann ganz schnell die Nase voll von all den Schlachtengemälden und Heldengedenkdingsis und ging lieber was essen.
Zurück wird geflogen!
Praktische Tipps:
Kreditkarte wird quasi überall akzeptiert. Nur ganz selten brauchte ich rumänisches Geld (z.B. für das Bahnhofsklo, den betenden Bettler und kleine Strecken mit der Eisenbahn – die sehr preiswert ist).
Google-Maps und Handy ist ein Muss! Steckdosen sind dieselben wie in Deutschland.
Für Bahnreisen besser mit kleinem Rucksack und wenig Gepäck, denn man muss einkalkulieren, dass man ein paar Stunden mit Rucksack durch die Stadt läuft. Dazu geräumige Handtasche, das reicht.
Bequeme Schuhe!
Alle Bilder Copyright 2023 Charlotte Esser